Gestreckter Adler vorwärts

2014.02.11-Lady-Schlepper

… vom Yeti gebissen, oder was man halt an einem bewölkten Nachmittag im kanadischen Busch so macht 🙂

Heute war Pausentag. In Sachen Sonne zumindest. Schon gestern hat das Wetter umgeschlagen, es ist wieder deutlich wärmer (-1 Grad nachmittags), es hat etwas geschneit, und vor allem viel gewindet. Das heisst, unsere schönen Hundeschlitten-Langlauf-Schneeschuh-Trails sind komplett verweht und zugeschneit.
Groomen ist angesagt! (Kurze Erklärung für alle nicht-Kanadier: “Groomen” = Schnee schnüüzen in Englisch. Der Groomer ist so eine Art Pflug, den montiert man hinten am Schneetöff, der Pflug ist sehr schwer, und der schneidet mit einem gezackten Messer die oberste Schneeschicht weg und drückt das ganze platt. Hinter dem Gefährt gibt es dann diesen gewellten Weg, wie vom Pisten-Ratrac. Genau, die Wellen, die man auf der Skipiste am Morgen immer als erste befahren will). Und was hier draussen ja so toll ist: es gibt keinen, der einem diese erste Fahrt auf den Schneewellen wegnimmt. Haha!
Aber noch viel mehr Spass macht es, wenn man diese Wellen nicht erst am Morgen danach reitet, sondern direkt, so wie sie entstanden sind.

Lasst mich doch von Anfang an erzählen: Groomen, ist eigentlich eine 1-Mensch Aktion. Einer (Rainer) sitzt alleine auf dem Schneetöff, hinten dran der Pflug, und fährt dann gemächlich die zugeschneiten Wege ab. Fertig.
Wenn der Schneetöff gross genug ist (was hier der Fall ist), kann ein zweiter Mensch (Roland) hinten drauf sitzen und mitfahren. Das ist ganz praktisch, sollte zum Beispiel ein Baum quer über dem Weg liegen (was hier durchaus vorkommen kann), oder sollte man mit dem
Schneetöff im Tiefschnee steckenbleiben (auch das kommt durchaus vor).
Und es ist natürlich für uns Busch-Neulinge sehr spannend, da wir so ständig mehr von unserer Umgebung kennenlernen. Mit dem Schneetöff kommt man in 2 Stunden wesentlich weiter, als mit den Schneeschuhen!
Gut. Und jetzt zur 3. bis anhin überflüssigen Person (ich): die sollte eigentlich daheim bleiben und die Wohnung staubsaugen, doch das eilt ja zum Glück nicht. (Das ist ja auch das gute hier draussen: sieht ja keiner!)
Also rauf auf die Schuppen-Skier, und ran ans Seil. Hinten, am Snowmobil montiert, genug lang, damit die Skispitzen nicht plötzlich im Pflug stecken, ergänzt mit einem kurzen Bungee (Gummiseil, das absorbiert schnelle Tempoänderungen), et voilà, fertig ist das … Hm. Ich hab grad keinen Namen für diese Konstruktion … Nennen wir sie: Lady-Schlepper.
So. Und jetzt nehme ich alles zurück, was ich über diese Schuppen-Skier gesagt habe! Die sind nämlich ganz schön schnell, wenn der Motor stimmt!
Links. Rechts. Hoch. Runter. Scharfe-Kurve. Achtung-Baum! Ducken. Schneegestöber. Noldi-Gaggi (zum Glück trag ich Skibrille!) Weiter. Halt! Peng.

Nach zwei Stunden wilder Fahrt durch die Gegend, beherrsche ich hervorragend folgende Bremstechniken:
– gestreckter Adler vorwärts
– kreuz über quer gespitzt
– Schneekugel in alle Richtungen
– Sandsack (auch bekannt unter dem Namen: Textilbremse)

Stilnote? Ich würde sagen 5.0 von wie viel dürft ihr selber entscheiden.
(Und jetzt bin ich nur noch gespannt, wo ich morgen überall Muskelkater haben werde…)
^esther

Ps: ich glaube, jetzt hat grad der Hund unter dem Tisch gerülpst. Wusste gar nicht, dass die das auch können!

Gold für Dario, Bronze für Esther

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Es muss eine ganz einfache Erklärung geben für unsere
nationalen Erfolge im Langlauf.
Es muss irgendwo in unseren Genen gespeichert sein.
Ich meine, reisst sich der Dario Cologna im Herbst beim Joggen die Sehne und holt sich dann trotzdem (!!!) auf Anhieb Olympiagold!
Und dann wir, stehen im Januar zum ersten Mal in unserem Leben überhaupt auf Langlaufskiern und holen an unserem allerersten Rennen, dem Cariboo Marathon, direkt Bronze!!

 

 

Anmerkung 1: in der Gruppe Recreational 20km, Recreational = Pläuschler
Anmerkung 2: Zeit? 2:06:08, aber mit Schuppen-Skiern, das ist quasi Langlauf mit angezogener Handbremse, da muss man auch beim runterfahren noch angeben!
Anmerkung 3: Die Bronzemedaille gebührt Esther allein, Roland hat ausser Konkurrenz am Rennen mitgemacht, er gewann aber eindeutig in der Kategorie “Schneebart”.
Wir starteten am Morgen bei -22 Grad, kälter war es in der Geschichte des Cariboo Marathon nur 1984 mit -24 Grad…

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Anmerkung 4: An der Preisverleihung am Abend gab es einen Schoggibrunnen!! Und Tanzmusik. Es heisst, dieser Anlass sei eines der Highlights des Jahres hier in 100 Mile House. Passt!

– 30 Grad

– 30 Grad. Das ist wie wohnen in der Tiefkühltruhe. Wobei dort die Mindesttemperatur offenbar nur bei -18 Grad liegt, hat mir Wikipedia erklärt…

2014-02-06_Enterprise-Lake_400

 

Diese extreme Kälte war ja mit ein Grund, warum wir gerade im Winter nach Kanada gegangen sind. Wir wollten dies einfach mal erlebt haben. Und nach anfänglicher Gnadenfrist bei – 10 Grad, ist das Thermometer nun seit einigen Tagen in der roten Zone (rote Zone bezieht sich in erster Linie auf meine Nase).
Das spannende an dieser Kälte ist ja, dass sie einen nicht nur draussen beschäftigt, sondern es fängt bereits drinnen an. So starte ich zum Beispiel im Moment meine Dusche mit dem Föhn. Genauer gesagt startet Roland meine Dusche mit dem Föhn. Unser Abflussrohr gefriert nämlich ständig zu… und nachdem ich dreimal dachte “das taut dann schon auf vom warmen Wasser, es braucht nur etwas Zeit”, die Duschwanne kurz darauf randvoll mit Wasser war, wir in der Folge das Wasser mit Pfannen abschöpfen mussten (und wie immer in solchen Situationen ist die Wanne ja genau dann voll, wenn man sich von oben bis unten einschamponiert hat und garantiert keine Duschpause brauchen kann…), und es ist wirklich nicht angenehm, wenn man nass und voller Seife in der Dusche steht, bei einer Raumtemperatur von ca. 17 Grad (dazu kommen wir später). Aber eben. Wir sind ja lernfähig, und seither startet meine Dusche eben mit dem Föhn. Sprich: ich teste schnell, ob der Abfluss läuft (was er eben nicht tut), dann schnappt sich Roland meinen Föhn, geht damit in die Werkstatt runter (wo die Leitungen von unserem Haus durchlaufen) und taut dann süüüferli mit dem Föhn die Leitungen auf. (Danke Schatz!!)

Nun zur Frage: warum sind es in unserem Bad nur 17 Grad? Dafür gibt es mehrere Gründe:
1. Bei – 30 Grad geht ihr nicht aus dem Haus ohne dicke, warme, lange Unterhosen (genau, diese Liebestöter). Und wenn ihr reinkommt, dann zieht ihr alles aus. Jacke, Mütze, Handschuhe, Halstuch, Sensationell-bei-jedem-Wetter-Muckboots alles, bis auf diese dicken, warmen langen Unterhosen. Und weil die Dinger wirklich sehr schön warm sind, würde man bei 22 Grad Raumtemperatur schwitzen (ist jetzt vielleicht etwas übertrieben, aber so ungefähr in diese Richtung geht’s).
2. Wir haben keine Bodenheizung. In Wohnzimmer und Schlafzimmer macht dies nicht so viel aus, da haben wir Holzböden, zudem laufen wir den ganzen Tag in unseren Superwarm-Daunenfinken rum. Im Bad haben wir aber Plattenboden, entsprechend ist es da immer etwas kälter. Und da man mit diesen Daunenfinken nicht so gut duschen kann, kriegt man natürlich rasch kalte Füsse.
3. Bei – 30 Grad kommt unser Holzofen etwas an den Anschlag. Wir heizen ja lediglich mit einem Ofen im Wohnzimmer, der reicht im Normalfall zur Genüge, aber er will regelmässig gefüttert werden. Bei diesen Temperaturen besonders. Und wenn wir das mal vergessen (weil wir mit unseren dicken, warmen, langen Unterhosen in den Superwarm-Daunenfinken auf dem Sofa sitzen und heissen Tee trinken), dann sinkt die Raumtemperatur ziemlich zackig von angenehmen 20 Grad auf eben 17 Grad oder noch tiefer…
Mit dem gleichen Phänomen kämpfen wir übrigens auch jeden Morgen: Auch wenn wir in der Nacht mindestens einmal Holz nachlegen, ist es am Morgen dennoch meist nur noch so um die 14 Grad im Wohnzimmer.
Was einem dann aber wiederum, kaum ist man einmal kurz vor die Tür gestanden, so vorkommt, als wäre man in Rio am Strand (das ist jetzt vielleicht wieder etwas übertrieben, aber ein bisschen kommts schon hin).

Das Leben bei – 30 Grad mag unglaublich anstrengend klingen, aber ich sage euch, man gewöhnt sich daran. Und ehrlich gesagt, finde ich diese Extremtemperaturen gar nicht mühsam, sondern sehr, sehr toll! Die Welt draussen ist fantastisch! Im Wald knacken die Bäume, die Luft ist unglaublich klar, der Schnee knirscht nicht mehr, der knackt richtig unter den Füssen und der Rauch vom Kamin steigt auch nicht mehr in den Himmel auf, sondern blidet lange Schleierwolken und bleibt ein paar Meter über dem Boden hängen. Herrlich.

Man muss bei diesen Temperaturen auch nicht den ganzen Tag mit den Daunenfinken auf dem Sofa sitzen und heissen Tee trinken. Kommt nämlich die Sonne hervor (was sie derzeit täglich tut) dann wird es schnell wärmer, und gegen Mittag haben wir dann wieder angenehme -16 Grad. Bei diesen Temperaturen gehe ich langlaufen, und habe bei dieser Gelegenheit mal wieder meinen Damenbart kennenglerent.
^esther

Esther im Schnee1

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

PS. Mitteilung an alle Schüler: Hier gibt es sowas wie Kältefrei. Wenn die Temperaturen morgens um 6 Uhr bei -32 Grad sind, dann fahren die Schulbusse nicht. Auf der Homepage der Schule wird dann sofort eine entsprechende Warnung platziert.
Bildschirmfoto 2014-02-07 um 08.57.59Weil die meisten Schüler hier von diesen Bussen eingesammelt werden, können sie folglich nicht zur Schule gehen (bzw. sie haben eine hervorragende Ausrede)
In der Primarschule erscheinen an solchen Tagen noch etwa die Hälfte der Kinder zum Unterricht, weil die Eltern sie persönlich abladen, in der Sekundarschule, wo die Kinder selber entscheiden, bleiben die Zimmer logischerweise: komplett leer.

 

Elch = Wildtier. Nicht knutschen!

Eine weitere Geschichte aus der Kategorie: Wildtiere und wir.
Diesmal starte ich mit einem Zitat von mir selber: “Auf diesem Sofa wird morgens um 06:30 das erste Kaffee getrunken und gewartet, bis vor dem Fenster der Tag erwacht. Ich bin sicher, irgendwann läuft genau dann ein Elch vorbei. Irgendwann. Ganz sicher!”
So. Ich habe aber nicht geschrieben: UND GEHT NICHT MEHR WEG.

2014-01-25_Moose_1024

Folgendermassen.
Man stellt sich Wildtiere im eigenen Garten ja immer sehr romantisch vor (siehe auch: Noldi, der Hengst, bzw. Noldine, die trächtige Stute… wir sind uns also immer noch überhaupt nicht sicher!) Wildpferde, oder eben so ein Elch, der vorbeiläuft, einem nett zuzwinkert, sein Kalb, das auf den überlangen Stelzenbeinen lustig und etwas tapsig hinterherhüpft. Jöööööö!! Nun, in der Realität ist ein Elch im Garten aber gar nicht süss, sondern im Gegenteil: recht bedrohlich.
Ein paar Fakten:
– Ein erwachsener Elch (kanadisch: Moose, kommt vom Algonquin-Wort mooswa “Zweig-esser”) kann bis 3 Meter lang werden, die Schulterhöhe ist über 2 Meter
– wiegt zwischen 550 kg und 700 kg
– kann schneller als 50 km/h rennen
– easy 16km schwimmen und über 5m tief tauchen (!!!)
– mag es GAR nicht, wenn man ihn beim Fressen stört

Nun hat natürlich genau so eine riesige Elchkuh mit ihrem Kalb beschlossen, dass die zartesten Zweiglein genau zwischen unserem Häuschen und dem Haupthaus von Jane und Rainer wachsen. Läck bin ich verschrocke!!! Gehe ich mit dem Hund frühmorgens aus dem Haus, um (wie immer) die Hühner zu füttern, nehme (wie immer) den Weg dem See entlang, und blicke plötzlich einem gigantischen Tier in die Augen (nicht wie immer!).
Glücklicherweise hatte ich einen Hund dabei, wahrscheinlich auch genug Lärm gemacht, oder die Elchmama hat sich aus irgendeinem anderen Grund nicht von mir bedroht gefühlt… auf jeden Fall hat sie mich nicht angegriffen, sondern hat gemütlichst noch ein paar Zweige gekaut und ist dann davongezottelt. Glück gehabt! Ich notierte es innerlich sofort auf der Liste “Das werde ich meinen Enkeln erzählen!”
Was ich an diesem Morgen aber noch nicht begriffen hatte: die Elchmama und ihr Kalb haben sich nicht etwa ausnahmsweise zu uns verirrt, sondern die sind ganz offensichtlich da eingezogen! Am nächsten Morgen habe ich sie nämlich schon wieder überrascht. Mann!

Und jetzt kommts noch dicker: Gestern waren wir mal wieder im Ort vorne, in 100 Mile House. Als wir heimkamen, war es bereits dunkel (ca 18 Uhr). Ich musste noch schnell bei Rainer im Haupthaus vorbei, ein paar Sachen vorbeibringen, also hat mich Roland mit dem Auto direkt hingefahren, und ich wollte später die paar hundert Meter im Dunkeln heimlaufen (schon tausend Mal gemacht, und Schnee sei dank, sieht man auch ohne Taschenlampe genug). So zumindest war der Plan. Aber wie ich da mit Rainer noch ein bisschen redete, klingelt plötzlich mein Telefon. Das an und für sich ist schon eine Sensation, ruft mich doch nie jemand auf meine kanadische Nummer an! Erst recht nicht am Samstag Abend. Gucke ich auf das Display und sehe: Roland. ???Was isch denn los??? De ELCH!!!
Diesmal hat sich die Elchmama und ihr Kalb nicht die Büsche ZWISCHEN den beiden Häusern ausgesucht, sondern die Sträucher DIREKT vor unserer Haustür. Heieiei. Mein besorgter Ehemann wollte natürlich verhindern, dass ich mich, nichtsahnend, plötzlich Auge in Auge mit dem Elch wieder finde.
Und was macht man im kanadischen Busch in dieser Situation? Genau. Rein ins Auto – 300 Meter zum Haupthaus hinüberfahren – Esther einladen – und wieder heim.
Den Elch haben wir in der Nacht nicht mehr getroffen. Vermutlich hat er sich hinter einem Schneehaufen versteckt. Weit weg ist er auf jeden Fall nicht gelaufen, denn heute frisst er gemütlich beim Bienenhäuschen…

Ab jetzt heisst es also, in grossem Bogen aussenrum laufen. Mit genug Abstand passiert nichts, denn Elche können zwar viel, aber zum Glück nur ganz schlecht sehen.
^esther

PS. Falls ihr euch noch an die Geschichte “Bein ohne Elch” erinnert: Wir hatten ja vermutet, dass Kojoten letzte Woche das Elchkalb gerissen haben. Als ich nun heute Morgen die Elchkuh und ihr Kalb überraschte, bin ich zwar erschrocken, gleichzeitig ist mir aber auch ein Stein vom Herzen gefallen. Das Kalb lebt! Das heisst aber, dass wohl ein anderer Elch dran glauben musste…

360 Grad

Ein Hoch auf die moderne Technik!!

Dank neuem Fotoapparat (merci vielmal für das tolle Geschenk!!!!) können wir euch unser
zu Hause nun per Rundumblick zeigen.
So seid ihr schon fast mittendrin….

… wenn wir am Morgen auf unserem Bänklein den Sonnenaufgang erwarten2014-01-25_138-2014-01-25_142_300

… wenn wir mit den Langlaufskiern nach Hause kommen
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… wenn wir Bananenkuchen backen
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… oder beim Abwaschen aus unserem Küchenfenster gucken.
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(Für die mit den ganz guten Augen: auf diesem Bild versteckt sich Noldi, “unser” Wildpferd. Ihr kennt ihn (sie?) jetzt ja auch)

… oder wenn wir mit den Schneeschuhen um unseren Haussee Enterprise-Lake herum stapfen.
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Noldi, der Hengst

Darf ich vorstellen: das ist Noldi.

2014-01-24_106-1600_Wild-Horse

Wir haben ihn das erste Mal auf einem Feld, ca 2 Kilometer weg von unserem Haus getroffen. Plötzlich, wie wir durch den Wald gelaufen sind, stand er da. Gross, mächtig, erstaunlich pelzig für ein Pferd, und überhaupt nicht erfreut, uns zu treffen.
“Grrrrrrrrr” knarrte er mit den Zähnen. Aber irgendwie machte er auch keine Anstalten wegzulaufen.
Wir liessen ihn in Ruhe und zottelten weiter.
Zwei Tage später waren wir wieder auf diesem Feld, und siehe da: Noldi war immer noch da. Ein bisschen weiter hinten, aber ganz offensichtlich lässt er sich von uns nicht stören.
Ich sage euch, der hat ziemlich herumgegraben, da wo wir ihn das erste Mal gesehen haben. Die Schneedecke bis zum Gras weggetreten, unter den Bäumen richtige Löcher, es scheint, als frässe er am liebsten die feinen Gräser zwischen den Wurzeln der Tannen. Noldi, Noldi! Macht dich das frische Gras so feiss?

Zwei Tage später. Beim Abwaschen. Roland guckt aus dem Fenster, und siehe da! Noldi. Vor unserem Haus. Vielleicht 300m entfernt nur. Steht gemütlich am Waldrand und kaut irgendwelche Gräser. Seither treffen wir ihn praktisch täglich. Einmal sehen wir ihn von etwas weiter weg, das andere mal ziemlich nahe, ich glaube bald, er fühlt sich sogar richtig wohl in unserer Nähe.
Wir witzeln ja gerne, wie wir ihn zähmen könnten. Zum Beispiel mit Essen ködern. Ihm mal einen Apfel hinlegen. Oder ein Rüebli. Ihn etwas zeuklen mit Zückerli. Oder den Wald einzuzäunen, wo er drin steht. Machen wir aber natürlich nicht. Nur anschauen. Nicht anfassen!
Wobei, rein theoretisch dürften wir ihn einfangen und behalten. Wildpferde gelten in Kanada nicht als Wildtiere, sondern als Nutztiere. Haben also sozusagen keinen richtigen Status. So ähnlich wie wir.
Vielleicht verstehen wir uns ja deshalb so gut mit Noldi. Und genau darum lassen wir ihn auch so, wie er ist: Wild und frei.
^esther

PS: Liebe Pferdenärrinnen und -narren. Da wir beide keine Ahnung haben von Pferden… schaut euch die Bilder doch einmal ganz genau an. Hat irgendjemand eine Ahnung von Rasse? Alter? Noldi oder Noldine…?

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Noch 10 Tage bis Sochi!

langlauf

Wenn es irgendwie geht, möchten wir in Kanada in den nächsten Monaten etwas Fuss fassen. Dazu gehört natürlich als allererstes: eine Arbeitserlaubnis ergattern. Das ist gar nicht so einfach, denn in Sachen bürokratischem Wahnsinn sind die Kanadier uns Schweizer LÄNGEN voraus. Und so ganz durchschaut habe ich das System noch nicht. Hauptsache kompliziert und hauptsache für alles Formulare ausfüllen. Zum Glück gehört Formulare-ausfüllen zu meinen heimlichen Hobbys….
Aktuell befinden wir uns gerade in einem geschlossenen Kreis. Ich nenne ihn den kanadischen Loop. Um eine Arbeitserlaubnis beantragen zu können, brauche ich ein Jobangebot. Um aber ein Jobangebot zu erhalten, brauche ich zuerst eine Arbeitserlaubnis. LoopLoopLoop.
Ich möchte im Ort als Französischlehrerin arbeiten. Und eigentlich brauchen sie hier dringend französischsprachiges Personal. Aber eben… Arbeitserlaubnis… Und damit es mal ein bisschen vorwärts geht, habe ich nun einen 4-Punkteplan erarbeitet:

1. auf sämtliche Stellen als Französischlehrerin bewerben. Entweder wollen sie mich wegen meiner Qualifikationen, oder sie regen sich irgendwann dermassen ab mir auf, dass sie mir deswegen einen Job anbieten
2. Lobbying. Angefangen auf dem Friseurstuhl bei Collette, der Coiffeuse aus Québec, die Zweitberuflich als Assistenzlehrerin an der örtlichen Primarschule arbeitet. (Jaja, 2 Fliegen, eine Klatsche. Sehr praktisch! Und den Stadt-Gossip gibts erst noch gratis dazu.)
3. Volunteeren, Freiwilligenarbeit. Ich werde bald Lese-Freundin eines Primarschülers im Ort sein, und ihm/ihr dabei helfen, ein paar Geschichtchen auf Französisch zu lesen. (B-booooo-booooooon-bonjjjjjjj-bonjour. Bravo! Sehr gut!!!)
4. Langlaufprofi werden.

Was denn?! Man braucht immer einen Plan B. Bis Sochi wird es vielleicht etwas knapp, wobei es sind immerhin noch knapp 2 Wochen. Und da mich Punkt 1 – 3 noch nicht voll auslasten, habe ich genug Zeit, mich intensivst mit Punkt 4 auseinanderzusetzen.

2014-01-20_063-1600Olympische Winterspiele und Kanada, das hat für mich schon fast Tradition. Wer es nicht weiss, ich hatte meinen ersten Kontakt mit diesem Land während der olympischen Winterspiele 2010 in Vancouver/Whistler. Damals war ich zwar als Reporterin unterwegs, aber warum nicht mal einen Seitenwechsel wagen! Ich finde, es sind zumindest gute Voraussetzungen. Eine Ausrüstung habe ich auch, Baujahr 1989, läuft wie geschmiert, die hat mir netterweise Jane zur Verfügung gestellt. Sie weilt ja derzeit in Mexiko, und am Strand braucht sie ihre Latten wohl eher weniger. (Thank you Jane! I dedicate my first victory to you!) Ab jetzt tägliches Training, et voilà.

Ich brauche in meinem Team aber noch irgendjemanden, der mir ein paar technische Tipps geben kann. Es fehlt nicht mehr viel! In Sachen Eleganz bin ich schon ziemlich weit, aber irgendwie kriege ich meine Ideallinie noch nicht so ganz hin (klassischer Stil). Meine Spur wird einfach nicht so gerade, wie die im Fernsehen…

Liegt vielleicht aber auch daran, dass die Trainingsbedingungen hier etwas speziell sind.
Wir haben sicher die besten Maschinen, um Hunde-Schlitten-Trails zu präparieren. Die
Langlaufloipen sind hier dafür eher… naja… wie heisst dieser Sport auf Englisch? CrossCountry. Quer-durchs-Feld.
^esther
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Mal was für Augen UND Ohren

Liebe Leute, haltet euch fest. Jetzt kommt etwas, das müsst ihr unbedingt auf einem anständigen Bildschirm angucken. Kein iPad, kein kleiner verpixelter Komputerbildschirm, das braucht mindestens 50cm Diagonale. Und HD. Am idealsten also euer Fernseher.
Das heisst: schnappt euch euren Kompi, holt eure HDMI-Kabel, eure Video-Verbindungen,
euren AppleTV, euren wasweissich, hängt euren Komputer irgendwie an die grosse Röhre und dann, dreht ihr die Lautsprecher richtig auf. Voll-ume, wie man so schön sagt.
Wer hat, soll ruhig die Dolbysurroundanlage dazuschalten. (Falls jetzt Mitternacht ist bei euch, vielleicht besser nicht zu doll aufdrehen, sonst steht euer Nachbar bald im Bett….)
Gut? Ok. Nun nehmt ihr euch ein Kaffee, Tee, Bier, Mineral, irgendwas sprudliges, erlaubt ist auch eine Tüte Popcorn und setzt euch damit auf euer Sofa. In die Lieblingskuhle, die, die so herrlich bequem ist.

Ready?

Gut. Dann bitte jetzt   >  H I E R <    klicken.

Enjoy!!

Hund-Fernbedienung

Chuuuuuumm Bibibibibi, chuuuuuuuumm

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I’m a chicken-mum, and I am very proud of my flock.
Schon alleine dieses Wort “flock”. Süss, oder?

Ich hatte vor Kanada noch nie so richtig mit Hühnern zu tun gehabt. Bislang waren mir die Tiere eher suspekt gewesen, wie sie ihren Kopf schräg legen und einen so seitlich angucken (misstrauisch, fand ich), die zackigen Bewegungen, der spitze Schnabel, ga-gack? verstand ich nicht.

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Nun kümmere ich mich seit gut 3 Wochen um die Hühner hier auf Snosibe (so heisst diese wunderbare Ranch, auf der wir hier wohnen dürfen), und ich muss sagen, ich hab meine Meinung komplett geändert. Hühner sind grossartig! Weiss ich jetzt. Zumindest die 6, die mir anvertraut wurden. (Am Anfang waren es 7… der Hahn “Hinky Bein” hatte wohl zu grosse Sehnsucht nach Jane, seiner Meisterin. Nachdem sie nach Mexiko verreist war, hat er sich immer mehr zurückgezogen, bis… ja leider, er hat es nicht geschafft. Armer “Hinky Bein”!) Die 6 anderen sind aber putzmunter und gackern fröhlich vor sich her.

Zwei, drei Mal am Tag gehe ich auf einen Schwatz vorbei. Ga-gack? Guten Morgen! Ga-gack? Jaja, hier kriegt ihr eure Körner. Ga-gack? Kalt heute, wirklich! Bleibt besser im Stall unter der warmen Lampe. Ga-gack? Genau, frisches Wasser. Kommt sofort.

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Und als Dank dafür kriegen wir täglich 3 – 5 frische Eier. Von 6 Hühnern. Finde ich sehr flott!
Dass ich dafür sorge, dass die Hühner einen sauberen Stall haben, sich wohl fühlen, immer genug zu essen und zu trinken haben, ist ja wohl selbstverständlich.

A propos Essen: Hühner sind hervorragende Restevertilger. Rüstabfälle von Gemüse, altes Brot, Äpfel, das lieben sie alles heiss. Und weil ich den Hühnern auch etwas bieten will, probiere ich immer mal wieder Neues aus. Gebe ihnen Pilze (mögen sie ein bisschen), Randen (mögen sie sehr!), Kohl (mögen sie gar nicht). Bei Gemüse bin ich schon ziemlich mutig, das lege ich meist einfach mal ins Gehege, und sehe, ob sie es fressen. Bei Früchten bin ich etwas zurück-haltender, ich will ja nicht, dass sie eine Magenverstimmung, geschweige denn Durchfall bekommen! Und da war einmal diese Ananas…. Fressen Hühner Ananas? Guter Rat weiss meist Google. Ich tippe also ein: “Hühner” “Ananas”, suchen. Und was schlägt mir google vor? Hähnchen Curry Ananas, Hähnchen Curry mit Kokosmilch und Ananas, Brathähnchen.. Hey! Ich will die Hühner nicht kochen, ich will sie füttern!!!
^esther

(Nachtrag: Ananas lieben sie sehr! Was im Kochtopf gut zusammenpasst, scheint sich auch im Leben zu mögen.)

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Ein Bein ohne Elch

Dies ist definitiv ein Eintrag für die Kategorie “…das werde ich noch meinen Enkeln erzählen!”

Wer schwache Nerven hat, liest jetzt besser weg. In diesem Artikel geht es um die andere Seite der Natur hier draussen, im Busch. Das wahre Gesicht. Bislang haben wir die Natur ja nur als sanft, als einladend und vor allem als friedlich erfahren. Natürlich wissen wir, dass die Natur auch ein anderes Gesicht hat. Und doch erschrickst du, wenn du diese Fratze plötzlich mit eigenen Augen siehst…

Wir alle wissen, in den kanadischen Wäldern leben viele wilde Tiere. Bären (die schlafen im Moment tief und fest), Elche, Wölfe, Kojoten, Rehe und so weiter. Meist sehen wir von diesen Tieren nur harmlose Spuren. Abdrücke im Schnee, Kratzspuren an den Bäumen, Kothaufen in allen möglichen Formen und Farben, … Ganz selten einmal haben wir ein Tier überhaupt zu Gesicht bekommen und wenn, dann nur von weit weg. Die meisten Wildtiere verschwinden, sobald wir auch nur in ihre Nähe kommen (und Nähe ist in diesen Zusammenhang ein sehr dehnbahrer Begriff). Aber lasst uns doch die Geschichte von Anfang an erzählen….

Es war ein wunderbarer Tag. Herrlich kühle -10 Grad, der Schnee knirschend hart, die Sonne strahlt vom Himmel, kein Wölkchen. Ein Tag, an dem du sicher keine Minute drin verbringen willst. Also hopp, Hunde vor den Schlitten gespannt, und los geht die Fahrt durchs Hinterland. Rainer und ich auf dem Snowmobil voraus, Roland mit dem Hundeschlitten hinter uns her, es hätte nicht schöner sein können. Gut eine Stunde sind wir unterwegs, düsen durch unberührte Landschaften, biegen um eine Ecke, da wird unsere Fahrt abrupt gestoppt!

Quer über dem Trail liegt ein Bein.

Ohne Tier. Nur Bein. Mit Huf und Unterschenkel noch mit Fell, der Oberschenkel nur noch Knochen.

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Ohalätz! Da braucht es nicht viel Buscherfahrung um zu wissen, was hier wahrscheinlich passiert ist. Einmal leer schlucken, Bein packen
2014-01-19_160-1600 und dahin zurückbringen, wo vielleicht noch der Rest des armen Tieres liegt…? Wenn da noch was liegen würde! Denn hinter dem Gebüsch finden wir dann das richtige “Schlachtfeld”:

2014-01-19_162-1600  Vom Elch (zu dem dieses Bein dem Huf nach zu urteilen gehörte) sind nur noch die Haare übrig. Kaum ein Knochen, keine Haut, keine Reste, kein Tropfen Blut, alles weg.
Der erste Gedanke: das waren Wölfe! Die eher kleinen, wenigen Fussspuren deuten aber eher auf das Werk von Kojoten hin. Wie viele Kojoten an dieser Jagd beteiligt waren, ist schwierig zu sagen. Offenbar können auch kleine Gruppen von 2, 3 Kojoten einen ausgewachsenen Elch reissen, lässt sich im Internet nachlesen.

Dass es tatsächlich Kojoten waren, ist sehr gut möglich. Es gibt viele davon in dieser Gegend, bei Vollmond hört man sie in den Wäldern heulen (oder eher kläffen, heulen ist etwas zu romantisch für dieses Geräusch). Im Sommer haben wir einmal einen Kojoten um unser Haus
schleichen sehen, er erinnerte stark an den Rotfuchs. Einfach mit grau-braunem Fell und etwas grösser vielleicht. Niemals hätten wir gedacht, dass dieser doch eher kleine Jäger einen Elch reissen kann, der grösser ist als ein Pferd! Hühner ja. Ziegen oder Schafe, klar. Aber ein ELCH! Offenbar sind auch die Kanadier überrascht vom Jagdgeschick des Kojoten. Bislang glaubte man den Elch nur auf dem Speisezettel der Wölfe. Erst im vergangenen Herbst wurde wissenschaftlich bewiesen, dass Kojoten nicht nur in der Lage sind Elche zu reissen, sondern dass sie dies auch regelmässig tun (Coyotes are moose killers, study) In allen erforschten Fällen waren die Opfer der Kojoten entweder sehr junge, unerfahrene Elche, oder sehr alte.
Nun, wir wissen, dass hier in der Gegend eine Elch-Mutter mit ihrem Jungtier unterwegs ist. Wir haben die beiden auch schon beobachten können, ganz in der Nähe von unserem Haus. Gegenüber vom See. Jetzt ist wohl auch definitiv klar, wem dieses Bein gehört(e).

Ja. Auch das ist Kanada.

^esther