Monthly Archives: July 2014

Schall und Rauch

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“Wo isch au de Wald hiicho… Näbel hesch en du eus gnoo…..”
Kennt jemand von euch noch das alte Lied zum Herbst aus der Primarschule? Diese Zeile fällt mir gerade ein, wenn ich heute Morgen aus unserem Fenster schaue. Nein, der Sommer ist noch nicht vorbei, dieser Dunst ist auch kein Nebel, der unseren Wald verschluckt, sondern Rauch. Jepp, es ist Waldbrand-Saison. Smoke on the water!
Entsprechend riecht es derzeit auch vor unserer Türe. Eigentlich sollten wir sofort mit unseren Räucher-Experimenten starten, wenn wir schon einen Gratis Räucherofen zur Verfügung haben…

Woher der Rauch kommt, lässt sich schwer sagen. Rund um uns herum sind mehrere Waldbrände im Gang (keine Angst, sie sind alle sehr weit weg), der Rauch von diesen Bränden kann vom Wind über tausende von Kilometern verteilt werden. Das näheste Feuer ist knapp 130km nördlich von uns, Soda Creek. Der Wind kam bislang allerdings eher aus dem Süden. In der Lokalpresse habe ich heute gelesen, dass es deshalb Rauch von grossen Bränden in den USA sein könnte (!). Fakt ist allerdings, dass wir derzeit von Wildbränden umzingelt sind, also auch wenn der Wind dreht (was er heute tatsächlich getan hat, er bläst jetzt aus West-Nord-West), irgendwoher kommt immer Rauch (konsequenterweise behaupte ich als Vollzeit-Besserwisserin, dass der aktuelle Rauch vor unserem Fenster vom grossen Feuer in der Nähe von Quesnel stammt).
Wer genau wissen will was wo brennt, BC Wildfires hat eine sehr gute Übersicht:

Wildfire

 

 

 

 

Trotz allem können uns auf unserer äusserst flachen Lichtung nicht beklagen. Die Ebene verhindert, dass sich der Rauch ansammeln könnte. In 100 Mile House vorne ist es zum Beispiel viel schlimmer, der Ort liegt nämlich in einem Kessel. Viele beklagen sich offenbar bereits über beissende Augen und Halsschmerzen (behauptet zumindest die Lokalpresse, ich mach jetzt mal keinen Feldversuch).

Dass es im Sommer brennt, ist hier normal. Nachvollziehbar bei so viel Nadelwald. Und mittlerweile glaubt ihr uns ja hoffentlich alle, dass es im Sommer auch in Kanada sehr heiss und trocken werden kann (sic!). Da genügt ein kleiner Funke und wham! Feuer lodert.
In diesem Jahr ist es speziell heiss und trocken (wir hatten letzte Woche Allzeit-Rekordtemperaturen von über 34°C, normal sind im Juli 24°C). So ist es auch nicht weiter erstaunlich, dass ab sofort ein komplettes Feuerverbot in der ganzen Provinz gilt und zwar bis zum 30. September. Somit wurde aber leider auch unsere Grill-Feuerstelle vorzeitig in die Sommerpause geschickt… Und komplett ist hier wirklich komplett. Verboten ist ab sofort jedes offene Campingfeuer, jede Kerze, Himmels-Laterne, Feuerwerk, Fässer zum Papier verbrennen, Cheminée, allesallesalles. Gilt auch nicht nur auf öffentlichem Grund oder im Wald sondern auch in jedem privaten Hinterhof, Garten etc. Eine Ausnahme gibt es: erlaubt sind kleine Gasbrenner, schliesslich müssen all die Campingtouristen ja auch was essen. Aber diesen Sommer ist nix mehr mit Cervelat am Stecken dunkelschwarz bräteln… Jä nu, gibt’s halt Wurstsalat.

In Sachen Wildfeuer produzieren die Kanadier auch viel Schall, denn da kennen sie absolut kein Pardon. Das Feuerverbot wird streng überwacht und zwar per Flugzeug. Wirst du erwischt, wird es teuer!!
345 Dollar Busse gibt’s sofort, landest du vor Gericht kostet es bis zu 100’000 Dollar und möglicherweise musst du sogar für ein Jahr ins Gefängnis. Hast du einen Waldbrand ausgelöst, so gibt’s nochmals 10’000 Dollar Busse und du musst zudem die ganzen Löscharbeiten berappen. (Jaja, keine Kuschelpolitik!)

UnbenanntDie ganze Waldbrandgeschichte hat aber auch lustige Seiten. Zum Beispiel haben wir ein hübsches, neues Symbol im Wetterbericht entdeckt, es bedeutet “widespread smoke” – viel Rauch:

 

 

Und das allerschönste: Rauch in der Luft sorgt für sagenhafte Sonnenuntergänge…

^esther

 

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Bridge reloaded – bzw. unloaded

Erinnert ihr euch noch an unserer wunderschöne Brücke, die wir eines kalten Tages im Februar gebaut hatten, damit Andy mit seinem Hundeschlitten darüber flitzen kann?
Sonst klickt zur Erinnerung mal hier drauf: How To Build A Bridge For Dummies.

Nun, wir erinnern uns noch sehr gut an die Brücke, hat uns schliesslich viel Schweiss und Arbeit gekostet. Wie wir darum kürzlich in dieser Gegend waren, dachten wir, wir könnten unserer Brücke doch mal wieder ein Bsüechli abstatten. Schliesslich waren wir extrem neugierig, wie es dort im Sommer aussieht, kennen wir die wunderschöne Lichtung doch nur unter einer dicken, weissen Schneedecke und bei – 30 Grad.

Diesmal waren es lustigerweise + 30 Grad (ein Zufall, wirklich!), wir kamen also ziemlich verschwitzt bei der Brücke an. Brücke?

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Tja, da hatte wohl nicht jeder so viel Freude an unserem Projekt wie wir.
Egal, im nächsten Winter machen wir sie einfach wieder hin. Ätsch!

^esther

 

Vom sterbenden Schwan zur Thron-Königin

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Es ist soweit, Besuch aus der Schweiz! Premiere auf unserer neuen Matratze (sie sei sehr bequem, heisst es). Eingeschlafen wurde sie von unserer heissgeliebten Sändra aus S. In der Schweiz hat sie grad frisch gezügelt, sie kennt unsere Küche jetzt besser als ihre eigene.

Aber von Anfang an. Angekommen ohne Gepäck (schiss British Airways) hat Sändra die lange Reise nach 100 Mile House soweit gut überstanden. Wir sagen soweit, weil ganz gut wäre gewesen, wenn sie die Bazillen im Flugzeug oder zumindest im Greyhound zurückgelassen hätte. Hat sie aber nicht, und so verbrachte sie die ersten 4 Tage wie Dornröschen im Dauerschlaf. Da das Fieber leider nicht von alleine sinken wollte, musste Hilfe her. Ein Prinz war dummerweise nicht in Sicht, aber eine nette Frau Doktor. Es gab dann halt auch keinen Kuss, sondern ein Pillendösli, dafür eins mit persönlicher Anschrift. Hey, so ein Souvenir hat nicht jeder!
Uns allen war es aber viel lieber, als Sändras Gesicht (Penicillin sei dank!) langsam von käsig weiss, auf blass rosa wechselte, und der Dauerschlaf von einigen Wachphasen unterbrochen wurde. Richtig glücklich waren wir, als wir Dornröschen endlich von ihrer neuen Lieblingsmatratze weg in die Natur hinaus locken konnten. Zum Aufwärmen gab es gleich eine kleine Turnübung mit dem Slow-Schild. Schien zu helfen, ein erstes Lächeln war zu sehen, das Gesicht wurde wieder rosig.

Kaum genesen hiess es darum “Hopp! Hund fassen! Jetzt geht’s ab in den Wald.”
Als erstes führten wir sie zur Trapperhütte, Sändra’s zu Hause für die nächsten paar Tage. Nicht sehr luxuriös aber sehr schön gelegen.

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Dort angekommen wurden zuerst ein paar köstliche Spezialitäten von good, old Switzerland ausprobiert. Mmmhhhh (Wir verschweigen jetzt, dass das Pack bereits abgelaufen war… zu Tode gespart quasi von unserem Sugar-Sheriff).

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Und wie es sich für so eine Hütte gehört, meldete sich bald auch die ” Hexe”.
Oder ist es Hänsel? Knochenfingertest zeigt: mehr Futter muss her!

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Also ab ins Shopping-Paradies 100 Mile House. Dort musste sich Sändra mit genügend Vorräten für ihr Hüttenabenteuer eindecken. Das erste Ziel hiess: Save-On-Foods.

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Ihr merkt es schon, wir waren sehr beschäftigt. Nichts mit easy, “Schoggi”-Ferien! (Wobei…. Schoggi wurde sehr viel gegessen, wie ihr vielleicht auch schon erkannt habt. Vor allem Crémant. Im Frey Röll sini Crémant isch eifach “S beschte wos je hets gits”!!)

 

 

 

 

 

Wie wir schon in der Zivilisation waren, gehörte als zweites ein kurzer Abstecher in ein hochstehendes kanadisches Traditionslokal dazu. Et voilà. Bitte die grosse 20er Packung. (Strawberry ist nicht lecker, wir empfehlen einstimmig “Birthday-Cake”).

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Gesund gestärkt konnte unsere gute Sändra endlich richtig in ihr Outdoor-Abenteuer starten. Und Stärke war dringend nötig, denn auf den Hüttentest folgte sogleich der Campingtest. Wir bestätigen mit Freude Sändra’s Campingtauglichkeit ist 1A, inklusive Plumpsklo. Bei so viel Talent konnten wir das Niveau sofort steigern und weitermachen mit Bergsteigen. Auch hier, Tauglichkeit hervorragend. Sändra hat sich nichts von ihrer erst gerade überstandenen Bazillen-Schläfrigkeit anmerken lassen auch wenn sie ab und zu heimlich geflucht hat. Wir haben es natürlich schon gehört, aber grosszügig ignoriert und mit Schoggi und grillierten Marshmallows wieder gut gemacht. A propos Marshmallows: nicht alle Kanadier mögen grillierte Marshmallows. Offenbar. Auch nicht, wenn sie ganz alleine am zelten sind neben uns. Offenbar. Und Frank heissen. Offenbar. Wir sind jetzt noch beleidigt. Imfall. (@Frank: Yes, we are!!) Will de doch lieber go schlofe….
Unbedingt erwähnen möchten wir an dieser Stelle noch die zwei Bebbi-Chlöpfer, die Sändra mit viel Angstschweiss über die Grenze gebracht hat. MERCI!!! Sie schmeckten am besten leicht angekokelt (stimmt nicht, ich will keinen Kohlensack!).

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Die Stimmung unserer Ex-Kranken wurde von Tag zu Tag besser. Der Muskelkater löste die Halsschmerzen ab, die Siege beim “Jokern” entschädigten für die Wanderanstrengungen, die sie die nächsten Tage erwarteten. Sändra war nämlich bald bereit für die Prüfung aller Prüfungen des richtigen Buser-Kanada-Abenteurs: Der Trophy Mountain. 2h hoch, 1h runter zum wilden Campingplatz (mümmir würklich dört abe und wieder ufe????) Ja, müssen wir und vor allem wieder 2h den Berg runter zum Auto. Das Ganze bei praller Sonne und 30 Grad. Sonnenbrand? Natürlich. Die Sonnencrème nützt ja auch nichts mehr, wenn man sie im 10-Minuten-Takt mit Mückenmittel überschmiert…. Aber man muss sich hier halt für ein Übel entscheiden. (Schiss-Mügg!)

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Bevor wir nun zu Sändra’s letzten Abenteuern kommen, müssen wir eine weitere Klammerbemerkung anfügen, sie hat sich nämlich noch zur Ko-Autorin der überarbeiteten Ausgabe dieses Buchs gemeldet. Bravo Sändra! Jeder fängt mit einem Haufen an.

Weiter im Text. Wo waren wir? Ah ja, beim Abstieg vom Trophy Mountain. Beim Auto angekommen, mussten wir laut lachen, hat uns (Frank?) doch tatsächlich eine kleine Botschaft hinterlassen:

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Leider war es bereits Zeit, um das Zelt abzubrechen und wieder zurück zur Basis zu fahren. Fitbit-Abrechnung unseres Camping-Trips im Wells Gray Park: 15.15km + 12.82km + 18.26km = Halleluja!! Nach so viel Anstrengung hat sich Sändra eine Auszeit wohl verdient. Es folgte ein Tag mit Gartenpflege, Gemüse einkochen, Halbfinal gucken und nur 1h laufen. Also fast nichts.

Hätte Sändra gewusst, dass der Weg zum Helena Lake noch einmal mehr als 15km zu Buche schreiben wird, wäre sie heute wahrscheinlich auch zu Hause geblieben. Immerhin hat sie diesmal Ziehhilfe erhalten von Schlittenhund Xena und darum nur halb so viel gejammert. Ok, vielleicht lag das Jammern auch eher daran, dass Esther nicht mehr ganz sicher war wo der Weg durch ging, und Sändra bereits fürchtete für immer und ewig im Busch verschollen zu bleiben und als Znacht der Bären zu enden.
So weit kam es zum Glück nicht, der Weg war richtig, und Roland wartete wie abgemacht mit dem Zmittag am See.

So. Was fehlt noch? Ah ja – der Coupe Dänemark mit der letzten Tafel von Rölls heiliger Crémant. Den machen wir nämlich jetzt. Und sagen drum: AdéMessi.

^sändra, roland, esther
Ps: Die wahre Geschichte kann Sändra viel besser selber erzählen.
Am Sonntag um 17:15 Uhr landet sie in Basel 🙂

WE MISS YOU jetzt scho…

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