Leidenschaft oder Bauchweh?

2014-09-20_0010-1024Slippery Jack “Suillus tomentosus” heisst dieser Pilz (zumindest glauben wir das… )
Wir machen gerade unsere ersten Pilzsammler “Gehversuche”. Also eigentlich sind wir erst im Krabbel-stadium, wir haben nämlich noch keine Ahnung. Nun, immerhin sind wir sehr gut gerüstet mit Büchern über die hiesigen Arten. Sehr hilfreich. Aber leider nicht immer aufschlussreich. Finden wir einen Pilz im Wald so fragen wir uns stets in dieser Reihenfolge
1. “ist der jetzt giftig?” und dann 2. “Verda**t, den finde ich nicht im Buch!” Aber eins wissen wir, jeder Meister musste einmal als Anfänger starten, fragt sich nur wie lange er üben musste…

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Keine Angst, wir sind nicht kopflos. Wir haben uns nämlich ein Sicherheitsnetz aus Pilzmentoren aufgebaut. Pilzkontrollöre gibt es eben nicht in Kanada aber Pilzfanatiker, Pilzfetischisten und Pilzgötter. Unsere Freunde Sue und Gary gehören dazu. Sie suchen seit zig Jahren Pilze in der Schweiz und hier in Kanada, ein wandelndes Pilzlexikon. Gary kennt nicht nur alle beim deutschen, englischen und lateinischen Namen, er weiss auch immer, wie man diesen Pilz am besten mit Knorr und Vollrahm verfeinert auf den Teller bringt. Auch Peter, ein pensionierter Münchner, hat uns sehr viele interessante Hinweise gegeben und zudem ein Buch zum starten.
Unser Sicherheitsnetz funktioniert so:
Im Wald sind wir auf gut Glück alleine unterwegs. Doch eben, sicher ist sicher, es wird nichts gepflückt, was nicht von unserer Prüfinstanz gutgeheissen wurde. Haben wir einen Pilz entdeckt, wird er darum zuerst einmal nur fotografisch gepflückt, heimgenommen und dann via Mail und Telefon abgeklärt, ob es sich wirklich lohnt, dieses Exemplar auch in richtig heim zu nehmen. Wie könnte es auch anders sein, unser erster Versuch endete mit einem knappen “GIFTIG!” am anderen Ende der Leitung.
(Lustigerweise meinte Wikipedia, dass Osteuropäer diesen Pilz verspeisen. Der Rest der Welt bezeichnet sie allerdings als giftig …?)

So schnell geben wir aber natürlich nicht auf. Damit wir unsere Sammlerlust nicht frühzeitig verlieren, hat uns Roland einen “Dörex/Dehydri̲e̲rer” gebaut, damit wir unsere vielen (hoffentlich dann mal essbaren) Pilze sofort für die Ewigkeit trocken können.

Et voilà. Bei einem weiteren Spaziergang mit den Huskies sind uns plötzlich sehr viele ähnliche Pilze aufgefallen. Unser Buch meinte, es könnte der schlüpfrige Hans sein, der “Slippery Jack”. Ich denke diesen Namen werden wir nie mehr vergessen. Foto schiessen, Mail an Gary und schon hatten wir die doppelte Sicherheit, dass wir endlich einen guten Pilz gefunden haben. “De muesch dööre und denn schmöckt er fascht wie en Steipilz” waren seine Worte. Ooooooh… da werden wir gluschtig! Also hopp, rein in die Stiefel und nochmals ab in die Pilze, diesmal begleitet von unseren Blitz-Gästen Susi und Gröfli aus der Schweiz. Wie immer haben uns die Huskies begleitet (die sich übrigens überhaupt nicht als Pilz-Suchhunde eignen, wie wir festgestellt haben. Sie interessieren sich leider immer noch ausschliesslich für Eichhörnchen und Rebhühner. Tsss… Food-Banausen!)

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Nach dem Sammeln kommt das Waschen. Uuuuuh ist das Zeit aufwändig. Zum Glück hat Roland die Geduld dazu, Esther hätte sie längst in den Wald zurück geworfen mit einem lauten “****!” Gras weg, Dreck weg, Stiele weg, Hüte in Streifen schneiden und ab in den Dörrer mit dem Fungus. Dort werden die Pilze bei ca. 38°C (mit einem ganz normalen Heizöfeli) während ca. 12 Stunden getrocknet. Und immer regelmässig Plätzli wechseln. Oben, Mitte, Unten. Damit auch alle schön gleichmässig trocken werden.

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So. Und jetzt steht die grösste Mutprobe an: sollen wir die fertigen Pilze nun kochen oder doch lieber erst einmal verschenken? Wir haben es mit einem Pilz Risotto ausprobiert. Es war kös-tlich! Wirklich, schlüpfriger Hans, du schmeckst fast wie ein Steinpilz, wenn du vorher getrocknet wurdest.
Keine Angst liebe Leser, 24 Stunden sind um, bisher wurden keine Probleme festgestellt, abgesehen von den üblichen Störungen fühlen wir uns immer noch purlimunter.

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Bei so viel Gaumenfreude konnten wir natürlich nicht widerstehen. Wir waren bereits wieder draussen bei “unseren Pilzen” und haben diesmal 1kg Frischware in unseren Dörex gelegt. 12 Stunden später sind es noch 70 Gramm, bereit für kulinarische Höhenflüge im Winter.

See you soon,
the Busers aka Mushroom-Hunters