Category Archives: Das werde ich meinen Enkeln erzählen!

Es gibt Dinge, Erlebnisse, die sind so einzigartig, dass man sie nie mehr vergisst. Räuberpistolen. Momente, die sich einbrennen in der Hirnrinde. Die gespeichert werden im Langzeitgedächtnis, die man immer und immer wieder erzählen will. Am Kaminfeuer. Am Lagerfeuer. Im Grossvater-selig-Sessel.

Stromausfall. Guet Nacht am sächsi!

Es ist 23:00. Zu so später Stunde sollte man eigentlich schlafen.
Würde man auch, wäre nicht vor knapp einer Stunde das Flugzeug nebenan angesprungen!

Power Outage

Natürlich ist es kein Flugzeug das da läuft, sondern der Generator. Kurz nach 22Uhr hatten wir einen Stromausfall. Zägg, einmal alles dunkel (also sämtliche LED’s aus, da merkt man mal wieder, wie viele LED’s überall brennen!)  bzzzzzzzrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrämämämäm (das ist der Generator) und es ist wieder alles hell.
Aber eben, seither: BZZZZZZRRRRRRRRRÄMÄMÄMMÄM. Und das neben dem Bett. Also gefühlt direkt neben dem Ohr. Etwa so, wie wenn man versucht auf der Düse des Flugzeugs zu schlafen. Oder vielleicht eher in der Düse. Jawoll, vorbei ist die gute Nachtruhe. Emel bei mir, ich bin da ganz offensichtlich etwas lärmempfindlicher als mein Mann, der ab dem ersten
bzzzzzzrrrrrrrämämämäm gerade mal knapp erwacht ist, aber nur um gleich wieder tief und
fest weiterzuschlafen.

Nützen wir doch die schlaflose Zeit, um uns etwas über Stromausfall in Kanada schlau zu machen: Scheint offenbar ein gängiges Problem zu sein, die Provinziale Stromgesellschaft “BC Hydro” widmet dieser Eventualität auf jeden Fall eine ganze Internesteite. Da gibt es zum Beispiel detaillierte Checklisten zum Thema “be prepared“, für den Fall dass…
und jetzt gehen wir noch einen Schritt weiter, die kanadische Regierung empfiehlt nämlich allen Bewohnern einen 72h-Notfall-Plan unter dem Stichwort: get prepared. Jetzt weiss ich endlich auch, was mich hier alles bedrohen könnte. Neben möglichen Naturkatastrophen wie Buschbränden oder Erdbeben gibt es da noch allerhand weiteres. Stromausfall gehört zum Beispiel in die Kategorie “anderes”, wie auch Epidemien oder verdächtige Pakete 🙂
hazards
Naja, ich mag in meiner unfreiwilligen Schlaflosigkeit vielleicht etwas zynisch sein. Denn wenn man sich das ganze ernsthaft überlegt, dann macht es schon Sinn, dass ein Land wie Kanada seine Bevölkerung auf solche Gefahren aufmerksam macht. Bleiben wir bei unserem Stromausfall: man stelle sich vor, ein Haus (wie unseres) komplett im Busch OHNE Generator.
Da läuft dann aber plötzlich gar nichts mehr! Je nachdem nicht einmal mehr das Telefon. Da bist du dann schön abgeschnitten von der Umwelt plötzlich. Da wärst du froh, hättest du BZZZZZZZZZZZZZRÄMÄMÄMÄMÄM in deinem Schlafzimmer!

Nun, dank dieser informativen Seite, weiss ich jetzt auch, dass wir nicht die einzigen sind, die eine schlaflose Nacht vor sich haben, 2869 Haushalte sind offenbar betroffen, Grund leider unbekannt, voraussichtliche Dauer der Störung bis morgen, um 01:….Moment….. Psssst! Hört mal genau hin…. bzzzzzzz? Nein. Ruhig. Abgestellt. Generator schweigt.
Störung frühzeitig behoben! Halleluja!
Jetzt aber ab ins Bett!!

Sollte der Strom heute Nacht doch noch einmal ausfallen, Generator sei dank wird die
Kaffeemaschine morgen garantiert funktionieren.
Immerhin.

^esther

Ps: Es ist mittlerweile 06:00Uhr, ich sitze am Küchentisch mit einer Tasse heissem Kaffee (ja, der Strom hat gehalten) ABER! um 04:00 ist der Rauchmelder ab. Fehlalarm. Wahrscheinlich Batterie leer. Wäre vor unseren Fenstern kein Mückengitter, das Ding würde jetzt im Schnee liegen. Aber ännet em See. Punkt.

7 Wienerli und eine gefüllte Peperoni auf Eis.

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Was macht man an einem Sonntagmorgen, wenn es draussen etwas stürmt, bitzli schneit und es doch -10°C warm ist? Genau, man plant eine kleine Icefishing-Tour 🙂
Weil wir (also Esther) uns etwas mehr bewegen wollten, haben wir (das wär dann Roland) den Schneetöff in der Garage gelassen, die Hunde im Zwinger (die haben die Welt nicht mehr verstanden!!) denn heute ziehen wir den Hundeschlitten von Hand. Dick eingemummelt, die Schneeschuhe montiert, zogen wir los.
Den ersten Teil unserer Expedition konnten wir noch auf dem schön präparierten Hundeschlitten-Trail gehen, dann hiess es Tiefschnee-stapfen, auf direktem Weg zur Mitte des zugefrorenen Reggie’s-Lake.

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Voller Energie und Tatendrang wollte Esther sofort das Loch ins Eis bohren, doch so einfach wie das aussieht, ist es nicht: “Wie dick isch das Iis??? Bin i noni dure, oder chum i scho glii am Bode vom See ah?” Nope, noch nicht durch. Bei weitem nicht! Das Eis war an dieser Stelle (wie wir nach der ganzen Aktion sahen) über 40cm dick. Da musst du lange bohren… Keine 10 Minuten später stiegen wir darum auf die Rainer-Taktik um: Kettensäge. SssssummmmSssssummmSssssummmmm – et voilà, schon sprudelt das Wasser aus dem Loch. Ganz ohne Muskelkraft ging es dann aber doch nicht, das Eis war derart dick, da war das Sägenblatt sogar zu kurz, den letzten Schliff mussten wir also trotzdem mit dem Bohrer machen. Aber nusode, Loch offen, jetzt ran an den Fisch!

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Esther war natürlich sofort mit der Angel zur Stelle, also musste schleunigst ein Feuer her. Heja, roher Fisch schmeckt nicht gut. Das heisst also für Roland: ab mit den Schneeschuhen zurück zum Ufer, um mit der Kettensäge ein paar dicke Rugel Holz im Wald zu schneiden. Doch was passiert mit einer Kettensäge, mit der man vorher bei -10°C ein Wasserloch geschnitten hat? Jawoll, Kette ist am Schwert fest gefroren. Na Bravo. Dann halt zuerst nur etwas Kleinholz sammeln, Mini-Feuer anfachen, Schwert auftauen und dann erst Rugel schneiden. Gesagt, getan, das Feuer mitten auf dem See im Schnee brannte flott, kurz darauf hatten wir wieder eine funktionstüchtige Kettensäge.
Für meine Frau am Eisloch musste ich dann natürlich zuerst einmal einen Hocker schneiden, damit es etwas bequemer ist zum fischen (Danke Schatz!!). Und nein, bis jetzt hat noch kein Schwanz angebissen, aber wir geben nicht auf.
Das Feuer brennt nun lichterloh, höchste Zeit für eine Tasse Aufbrüh-Kaffee. Geht hervorragend mit zwei feuerfesten Campig-Bechern (Danke Familie Meyer), Schnee, viiiel geschmolzenem Schnee (ihr glaubt nicht, wie viel Schnee es braucht, um einen kleinen Becher mit Wasser zu füllen!) und etwas Kaffeepulver. Mmmhh, der Kaffee war eine super Mischung aus Rauch, Schnee, Asche, Kaffee und Lagerfeuer-Romantik.
Wie könnte es auch anders sein, kaum ist der Kaffee einigermassen warm, geht das Feuer aus. In der Hitze des Feuers schmolz natürlich der Schnee darunter, das Feuer hat sich quasi selbst gelöscht. Das zweite Feuer starteten wir darum mit einer dicken Holzschicht am Boden, das hat funktioniert, wir lernen schnell 😉

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“Esther, chunnt de Fisch öppe?” “Pffff – ich glaube i dem See hets gar keini Fisch dinn!”
So landeten halt auf unserem Feuer statt Forellenfilets 7 Wienerli und eine Peperoni, gefüllt mit Ziegenkäse, das ganze bei mittlerweile ziemlich windigen, eisigen Verhältnissen.
Aber das macht nichts, denn uns beiden kann eigentlich nichts den Appetit verderben, Essen ist unsere Leidenschaft 🙂

Bye Bye
Roland (und Esther)

PS: Wenn uns jemand erklären kann, wie wir das nächste Mal erfolgreich Fische aus einem Eisloch holen können, bitte sofort bei uns melden!! zimtstaenegl@zimtstaengel.ch

– 30 Grad

– 30 Grad. Das ist wie wohnen in der Tiefkühltruhe. Wobei dort die Mindesttemperatur offenbar nur bei -18 Grad liegt, hat mir Wikipedia erklärt…

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Diese extreme Kälte war ja mit ein Grund, warum wir gerade im Winter nach Kanada gegangen sind. Wir wollten dies einfach mal erlebt haben. Und nach anfänglicher Gnadenfrist bei – 10 Grad, ist das Thermometer nun seit einigen Tagen in der roten Zone (rote Zone bezieht sich in erster Linie auf meine Nase).
Das spannende an dieser Kälte ist ja, dass sie einen nicht nur draussen beschäftigt, sondern es fängt bereits drinnen an. So starte ich zum Beispiel im Moment meine Dusche mit dem Föhn. Genauer gesagt startet Roland meine Dusche mit dem Föhn. Unser Abflussrohr gefriert nämlich ständig zu… und nachdem ich dreimal dachte “das taut dann schon auf vom warmen Wasser, es braucht nur etwas Zeit”, die Duschwanne kurz darauf randvoll mit Wasser war, wir in der Folge das Wasser mit Pfannen abschöpfen mussten (und wie immer in solchen Situationen ist die Wanne ja genau dann voll, wenn man sich von oben bis unten einschamponiert hat und garantiert keine Duschpause brauchen kann…), und es ist wirklich nicht angenehm, wenn man nass und voller Seife in der Dusche steht, bei einer Raumtemperatur von ca. 17 Grad (dazu kommen wir später). Aber eben. Wir sind ja lernfähig, und seither startet meine Dusche eben mit dem Föhn. Sprich: ich teste schnell, ob der Abfluss läuft (was er eben nicht tut), dann schnappt sich Roland meinen Föhn, geht damit in die Werkstatt runter (wo die Leitungen von unserem Haus durchlaufen) und taut dann süüüferli mit dem Föhn die Leitungen auf. (Danke Schatz!!)

Nun zur Frage: warum sind es in unserem Bad nur 17 Grad? Dafür gibt es mehrere Gründe:
1. Bei – 30 Grad geht ihr nicht aus dem Haus ohne dicke, warme, lange Unterhosen (genau, diese Liebestöter). Und wenn ihr reinkommt, dann zieht ihr alles aus. Jacke, Mütze, Handschuhe, Halstuch, Sensationell-bei-jedem-Wetter-Muckboots alles, bis auf diese dicken, warmen langen Unterhosen. Und weil die Dinger wirklich sehr schön warm sind, würde man bei 22 Grad Raumtemperatur schwitzen (ist jetzt vielleicht etwas übertrieben, aber so ungefähr in diese Richtung geht’s).
2. Wir haben keine Bodenheizung. In Wohnzimmer und Schlafzimmer macht dies nicht so viel aus, da haben wir Holzböden, zudem laufen wir den ganzen Tag in unseren Superwarm-Daunenfinken rum. Im Bad haben wir aber Plattenboden, entsprechend ist es da immer etwas kälter. Und da man mit diesen Daunenfinken nicht so gut duschen kann, kriegt man natürlich rasch kalte Füsse.
3. Bei – 30 Grad kommt unser Holzofen etwas an den Anschlag. Wir heizen ja lediglich mit einem Ofen im Wohnzimmer, der reicht im Normalfall zur Genüge, aber er will regelmässig gefüttert werden. Bei diesen Temperaturen besonders. Und wenn wir das mal vergessen (weil wir mit unseren dicken, warmen, langen Unterhosen in den Superwarm-Daunenfinken auf dem Sofa sitzen und heissen Tee trinken), dann sinkt die Raumtemperatur ziemlich zackig von angenehmen 20 Grad auf eben 17 Grad oder noch tiefer…
Mit dem gleichen Phänomen kämpfen wir übrigens auch jeden Morgen: Auch wenn wir in der Nacht mindestens einmal Holz nachlegen, ist es am Morgen dennoch meist nur noch so um die 14 Grad im Wohnzimmer.
Was einem dann aber wiederum, kaum ist man einmal kurz vor die Tür gestanden, so vorkommt, als wäre man in Rio am Strand (das ist jetzt vielleicht wieder etwas übertrieben, aber ein bisschen kommts schon hin).

Das Leben bei – 30 Grad mag unglaublich anstrengend klingen, aber ich sage euch, man gewöhnt sich daran. Und ehrlich gesagt, finde ich diese Extremtemperaturen gar nicht mühsam, sondern sehr, sehr toll! Die Welt draussen ist fantastisch! Im Wald knacken die Bäume, die Luft ist unglaublich klar, der Schnee knirscht nicht mehr, der knackt richtig unter den Füssen und der Rauch vom Kamin steigt auch nicht mehr in den Himmel auf, sondern blidet lange Schleierwolken und bleibt ein paar Meter über dem Boden hängen. Herrlich.

Man muss bei diesen Temperaturen auch nicht den ganzen Tag mit den Daunenfinken auf dem Sofa sitzen und heissen Tee trinken. Kommt nämlich die Sonne hervor (was sie derzeit täglich tut) dann wird es schnell wärmer, und gegen Mittag haben wir dann wieder angenehme -16 Grad. Bei diesen Temperaturen gehe ich langlaufen, und habe bei dieser Gelegenheit mal wieder meinen Damenbart kennenglerent.
^esther

Esther im Schnee1

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

PS. Mitteilung an alle Schüler: Hier gibt es sowas wie Kältefrei. Wenn die Temperaturen morgens um 6 Uhr bei -32 Grad sind, dann fahren die Schulbusse nicht. Auf der Homepage der Schule wird dann sofort eine entsprechende Warnung platziert.
Bildschirmfoto 2014-02-07 um 08.57.59Weil die meisten Schüler hier von diesen Bussen eingesammelt werden, können sie folglich nicht zur Schule gehen (bzw. sie haben eine hervorragende Ausrede)
In der Primarschule erscheinen an solchen Tagen noch etwa die Hälfte der Kinder zum Unterricht, weil die Eltern sie persönlich abladen, in der Sekundarschule, wo die Kinder selber entscheiden, bleiben die Zimmer logischerweise: komplett leer.

 

Elch = Wildtier. Nicht knutschen!

Eine weitere Geschichte aus der Kategorie: Wildtiere und wir.
Diesmal starte ich mit einem Zitat von mir selber: “Auf diesem Sofa wird morgens um 06:30 das erste Kaffee getrunken und gewartet, bis vor dem Fenster der Tag erwacht. Ich bin sicher, irgendwann läuft genau dann ein Elch vorbei. Irgendwann. Ganz sicher!”
So. Ich habe aber nicht geschrieben: UND GEHT NICHT MEHR WEG.

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Folgendermassen.
Man stellt sich Wildtiere im eigenen Garten ja immer sehr romantisch vor (siehe auch: Noldi, der Hengst, bzw. Noldine, die trächtige Stute… wir sind uns also immer noch überhaupt nicht sicher!) Wildpferde, oder eben so ein Elch, der vorbeiläuft, einem nett zuzwinkert, sein Kalb, das auf den überlangen Stelzenbeinen lustig und etwas tapsig hinterherhüpft. Jöööööö!! Nun, in der Realität ist ein Elch im Garten aber gar nicht süss, sondern im Gegenteil: recht bedrohlich.
Ein paar Fakten:
– Ein erwachsener Elch (kanadisch: Moose, kommt vom Algonquin-Wort mooswa “Zweig-esser”) kann bis 3 Meter lang werden, die Schulterhöhe ist über 2 Meter
– wiegt zwischen 550 kg und 700 kg
– kann schneller als 50 km/h rennen
– easy 16km schwimmen und über 5m tief tauchen (!!!)
– mag es GAR nicht, wenn man ihn beim Fressen stört

Nun hat natürlich genau so eine riesige Elchkuh mit ihrem Kalb beschlossen, dass die zartesten Zweiglein genau zwischen unserem Häuschen und dem Haupthaus von Jane und Rainer wachsen. Läck bin ich verschrocke!!! Gehe ich mit dem Hund frühmorgens aus dem Haus, um (wie immer) die Hühner zu füttern, nehme (wie immer) den Weg dem See entlang, und blicke plötzlich einem gigantischen Tier in die Augen (nicht wie immer!).
Glücklicherweise hatte ich einen Hund dabei, wahrscheinlich auch genug Lärm gemacht, oder die Elchmama hat sich aus irgendeinem anderen Grund nicht von mir bedroht gefühlt… auf jeden Fall hat sie mich nicht angegriffen, sondern hat gemütlichst noch ein paar Zweige gekaut und ist dann davongezottelt. Glück gehabt! Ich notierte es innerlich sofort auf der Liste “Das werde ich meinen Enkeln erzählen!”
Was ich an diesem Morgen aber noch nicht begriffen hatte: die Elchmama und ihr Kalb haben sich nicht etwa ausnahmsweise zu uns verirrt, sondern die sind ganz offensichtlich da eingezogen! Am nächsten Morgen habe ich sie nämlich schon wieder überrascht. Mann!

Und jetzt kommts noch dicker: Gestern waren wir mal wieder im Ort vorne, in 100 Mile House. Als wir heimkamen, war es bereits dunkel (ca 18 Uhr). Ich musste noch schnell bei Rainer im Haupthaus vorbei, ein paar Sachen vorbeibringen, also hat mich Roland mit dem Auto direkt hingefahren, und ich wollte später die paar hundert Meter im Dunkeln heimlaufen (schon tausend Mal gemacht, und Schnee sei dank, sieht man auch ohne Taschenlampe genug). So zumindest war der Plan. Aber wie ich da mit Rainer noch ein bisschen redete, klingelt plötzlich mein Telefon. Das an und für sich ist schon eine Sensation, ruft mich doch nie jemand auf meine kanadische Nummer an! Erst recht nicht am Samstag Abend. Gucke ich auf das Display und sehe: Roland. ???Was isch denn los??? De ELCH!!!
Diesmal hat sich die Elchmama und ihr Kalb nicht die Büsche ZWISCHEN den beiden Häusern ausgesucht, sondern die Sträucher DIREKT vor unserer Haustür. Heieiei. Mein besorgter Ehemann wollte natürlich verhindern, dass ich mich, nichtsahnend, plötzlich Auge in Auge mit dem Elch wieder finde.
Und was macht man im kanadischen Busch in dieser Situation? Genau. Rein ins Auto – 300 Meter zum Haupthaus hinüberfahren – Esther einladen – und wieder heim.
Den Elch haben wir in der Nacht nicht mehr getroffen. Vermutlich hat er sich hinter einem Schneehaufen versteckt. Weit weg ist er auf jeden Fall nicht gelaufen, denn heute frisst er gemütlich beim Bienenhäuschen…

Ab jetzt heisst es also, in grossem Bogen aussenrum laufen. Mit genug Abstand passiert nichts, denn Elche können zwar viel, aber zum Glück nur ganz schlecht sehen.
^esther

PS. Falls ihr euch noch an die Geschichte “Bein ohne Elch” erinnert: Wir hatten ja vermutet, dass Kojoten letzte Woche das Elchkalb gerissen haben. Als ich nun heute Morgen die Elchkuh und ihr Kalb überraschte, bin ich zwar erschrocken, gleichzeitig ist mir aber auch ein Stein vom Herzen gefallen. Das Kalb lebt! Das heisst aber, dass wohl ein anderer Elch dran glauben musste…

Noldi, der Hengst

Darf ich vorstellen: das ist Noldi.

2014-01-24_106-1600_Wild-Horse

Wir haben ihn das erste Mal auf einem Feld, ca 2 Kilometer weg von unserem Haus getroffen. Plötzlich, wie wir durch den Wald gelaufen sind, stand er da. Gross, mächtig, erstaunlich pelzig für ein Pferd, und überhaupt nicht erfreut, uns zu treffen.
“Grrrrrrrrr” knarrte er mit den Zähnen. Aber irgendwie machte er auch keine Anstalten wegzulaufen.
Wir liessen ihn in Ruhe und zottelten weiter.
Zwei Tage später waren wir wieder auf diesem Feld, und siehe da: Noldi war immer noch da. Ein bisschen weiter hinten, aber ganz offensichtlich lässt er sich von uns nicht stören.
Ich sage euch, der hat ziemlich herumgegraben, da wo wir ihn das erste Mal gesehen haben. Die Schneedecke bis zum Gras weggetreten, unter den Bäumen richtige Löcher, es scheint, als frässe er am liebsten die feinen Gräser zwischen den Wurzeln der Tannen. Noldi, Noldi! Macht dich das frische Gras so feiss?

Zwei Tage später. Beim Abwaschen. Roland guckt aus dem Fenster, und siehe da! Noldi. Vor unserem Haus. Vielleicht 300m entfernt nur. Steht gemütlich am Waldrand und kaut irgendwelche Gräser. Seither treffen wir ihn praktisch täglich. Einmal sehen wir ihn von etwas weiter weg, das andere mal ziemlich nahe, ich glaube bald, er fühlt sich sogar richtig wohl in unserer Nähe.
Wir witzeln ja gerne, wie wir ihn zähmen könnten. Zum Beispiel mit Essen ködern. Ihm mal einen Apfel hinlegen. Oder ein Rüebli. Ihn etwas zeuklen mit Zückerli. Oder den Wald einzuzäunen, wo er drin steht. Machen wir aber natürlich nicht. Nur anschauen. Nicht anfassen!
Wobei, rein theoretisch dürften wir ihn einfangen und behalten. Wildpferde gelten in Kanada nicht als Wildtiere, sondern als Nutztiere. Haben also sozusagen keinen richtigen Status. So ähnlich wie wir.
Vielleicht verstehen wir uns ja deshalb so gut mit Noldi. Und genau darum lassen wir ihn auch so, wie er ist: Wild und frei.
^esther

PS: Liebe Pferdenärrinnen und -narren. Da wir beide keine Ahnung haben von Pferden… schaut euch die Bilder doch einmal ganz genau an. Hat irgendjemand eine Ahnung von Rasse? Alter? Noldi oder Noldine…?

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Mal was für Augen UND Ohren

Liebe Leute, haltet euch fest. Jetzt kommt etwas, das müsst ihr unbedingt auf einem anständigen Bildschirm angucken. Kein iPad, kein kleiner verpixelter Komputerbildschirm, das braucht mindestens 50cm Diagonale. Und HD. Am idealsten also euer Fernseher.
Das heisst: schnappt euch euren Kompi, holt eure HDMI-Kabel, eure Video-Verbindungen,
euren AppleTV, euren wasweissich, hängt euren Komputer irgendwie an die grosse Röhre und dann, dreht ihr die Lautsprecher richtig auf. Voll-ume, wie man so schön sagt.
Wer hat, soll ruhig die Dolbysurroundanlage dazuschalten. (Falls jetzt Mitternacht ist bei euch, vielleicht besser nicht zu doll aufdrehen, sonst steht euer Nachbar bald im Bett….)
Gut? Ok. Nun nehmt ihr euch ein Kaffee, Tee, Bier, Mineral, irgendwas sprudliges, erlaubt ist auch eine Tüte Popcorn und setzt euch damit auf euer Sofa. In die Lieblingskuhle, die, die so herrlich bequem ist.

Ready?

Gut. Dann bitte jetzt   >  H I E R <    klicken.

Enjoy!!

Hund-Fernbedienung

Ein Bein ohne Elch

Dies ist definitiv ein Eintrag für die Kategorie “…das werde ich noch meinen Enkeln erzählen!”

Wer schwache Nerven hat, liest jetzt besser weg. In diesem Artikel geht es um die andere Seite der Natur hier draussen, im Busch. Das wahre Gesicht. Bislang haben wir die Natur ja nur als sanft, als einladend und vor allem als friedlich erfahren. Natürlich wissen wir, dass die Natur auch ein anderes Gesicht hat. Und doch erschrickst du, wenn du diese Fratze plötzlich mit eigenen Augen siehst…

Wir alle wissen, in den kanadischen Wäldern leben viele wilde Tiere. Bären (die schlafen im Moment tief und fest), Elche, Wölfe, Kojoten, Rehe und so weiter. Meist sehen wir von diesen Tieren nur harmlose Spuren. Abdrücke im Schnee, Kratzspuren an den Bäumen, Kothaufen in allen möglichen Formen und Farben, … Ganz selten einmal haben wir ein Tier überhaupt zu Gesicht bekommen und wenn, dann nur von weit weg. Die meisten Wildtiere verschwinden, sobald wir auch nur in ihre Nähe kommen (und Nähe ist in diesen Zusammenhang ein sehr dehnbahrer Begriff). Aber lasst uns doch die Geschichte von Anfang an erzählen….

Es war ein wunderbarer Tag. Herrlich kühle -10 Grad, der Schnee knirschend hart, die Sonne strahlt vom Himmel, kein Wölkchen. Ein Tag, an dem du sicher keine Minute drin verbringen willst. Also hopp, Hunde vor den Schlitten gespannt, und los geht die Fahrt durchs Hinterland. Rainer und ich auf dem Snowmobil voraus, Roland mit dem Hundeschlitten hinter uns her, es hätte nicht schöner sein können. Gut eine Stunde sind wir unterwegs, düsen durch unberührte Landschaften, biegen um eine Ecke, da wird unsere Fahrt abrupt gestoppt!

Quer über dem Trail liegt ein Bein.

Ohne Tier. Nur Bein. Mit Huf und Unterschenkel noch mit Fell, der Oberschenkel nur noch Knochen.

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Ohalätz! Da braucht es nicht viel Buscherfahrung um zu wissen, was hier wahrscheinlich passiert ist. Einmal leer schlucken, Bein packen
2014-01-19_160-1600 und dahin zurückbringen, wo vielleicht noch der Rest des armen Tieres liegt…? Wenn da noch was liegen würde! Denn hinter dem Gebüsch finden wir dann das richtige “Schlachtfeld”:

2014-01-19_162-1600  Vom Elch (zu dem dieses Bein dem Huf nach zu urteilen gehörte) sind nur noch die Haare übrig. Kaum ein Knochen, keine Haut, keine Reste, kein Tropfen Blut, alles weg.
Der erste Gedanke: das waren Wölfe! Die eher kleinen, wenigen Fussspuren deuten aber eher auf das Werk von Kojoten hin. Wie viele Kojoten an dieser Jagd beteiligt waren, ist schwierig zu sagen. Offenbar können auch kleine Gruppen von 2, 3 Kojoten einen ausgewachsenen Elch reissen, lässt sich im Internet nachlesen.

Dass es tatsächlich Kojoten waren, ist sehr gut möglich. Es gibt viele davon in dieser Gegend, bei Vollmond hört man sie in den Wäldern heulen (oder eher kläffen, heulen ist etwas zu romantisch für dieses Geräusch). Im Sommer haben wir einmal einen Kojoten um unser Haus
schleichen sehen, er erinnerte stark an den Rotfuchs. Einfach mit grau-braunem Fell und etwas grösser vielleicht. Niemals hätten wir gedacht, dass dieser doch eher kleine Jäger einen Elch reissen kann, der grösser ist als ein Pferd! Hühner ja. Ziegen oder Schafe, klar. Aber ein ELCH! Offenbar sind auch die Kanadier überrascht vom Jagdgeschick des Kojoten. Bislang glaubte man den Elch nur auf dem Speisezettel der Wölfe. Erst im vergangenen Herbst wurde wissenschaftlich bewiesen, dass Kojoten nicht nur in der Lage sind Elche zu reissen, sondern dass sie dies auch regelmässig tun (Coyotes are moose killers, study) In allen erforschten Fällen waren die Opfer der Kojoten entweder sehr junge, unerfahrene Elche, oder sehr alte.
Nun, wir wissen, dass hier in der Gegend eine Elch-Mutter mit ihrem Jungtier unterwegs ist. Wir haben die beiden auch schon beobachten können, ganz in der Nähe von unserem Haus. Gegenüber vom See. Jetzt ist wohl auch definitiv klar, wem dieses Bein gehört(e).

Ja. Auch das ist Kanada.

^esther