Ein entspanntes Hunde(halter)leben

Ich möchte auch ein Hund sein. Ehrlich! Ein Hundeleben ist ja so herrlich entspannt. Aber wenn schon ein Hund, dann bitte hier in Kanada, im Busch.

2014-01-28_051-1024Der Wunsch kommt bei mir meist am frühen Morgen auf, wenn ich noch halb verschlafen zum Hundegehege gehe und dort auf eine Horde Huskies treffe, die sich gerade von den ersten Sonnenstrahlen das Fell wärmen lässt. Die Augen geschlossen, den Kopf der Sonne entgegen, keine Sorgen, keine Ängste, nichts. Nur purer Genuss. Wie gern möchte ich mich dazu gesellen, und ganz einfach Teil der Herde sein. Den ganzen Tag draussen verbringen, auch bei -30 Grad nicht frieren, mit meinen Hundefreunden spielen, ein bisschen spazieren gehen, ab und zu einen Schlitten ziehen, immer schön pünktlich gefüttert werden, und sollte es mal wirklich Katzen hageln, so verkrieche ich mich ganz einfach in mein Hüttchen, liege ins weiche, warme Stroh, schaue hinaus und lasse den Regen Regen sein. Oh wie schön wär’ das!
Aber eben, wenn Hund, dann bitte nur hier im Nirgendwo.

Was der wirkliche Unterschied vom Hundsein in der Schweiz zum Hundsein im kanadischen Busch ist, das habe ich erst kürzlich erkannt, wie ich mit meinem Bruder Martin telefoniert habe: Er hütet derzeit gerade die Hunde seiner Partnerin und ärgerte sich, weil “die tun immer so blöd, wenn wir beim spazieren andere Hunde treffen”. Moment. Spazieren. Andere Hunde treffen. Andere Hunde???

Ich erinnere mich noch bestens an den engen Feldweg der Ergolz entlang in Sissach, wo ich jeweils joggen war. Geschätzte 20 Meter Abstand waren da von Hund zu Hund. Maximal. Alle natürlich hervorragend erzogen! Strenger Zeigefinger vom Herrchen – Sitz! – Hund erstarrt an Ort und Stelle. Der Jogger zwängt sich vorbei (von Hund und Halter keines Blickes gewürdigt)
– Brav! – Hund erwacht wieder zum Leben.
Wirklich beeindruckend! Ich glaube, ich habe noch nirgends auf so engem Raum so viele gut erzogene Hunde angetroffen. Liegt vielleicht auch daran, dass dort innerhalb von 2km drei Hundeschulen sind (…) aber welch ein Stress! Für Herrchen und Hundchen (und Jogger).

Und jetzt hier: Wir laufen 1 Stunde, kein Mensch. 2 Stunden, kein Mensch. 3 Stunden, kein Mensch. Soll ich weitermachen? Es ginge ewig. 2014-01-16_145-1024
Gut 3 Monate ist es her und ich habe bereits komplett vergessen, wie das ist, wenn man beim spazieren andere Menschen antrifft und vor allem andere Hunde! Hirsche, ja (interessiert die Huskies nicht). Elche, ja (interessiert die Huskies auch nicht). Noldi, ja (interssiert die Huskies ebenfalls nicht). Eigentlich interessieren die Huskies nur Wachteln und Eichhörnchen (diese dafür umso mehr). Aber wie würden sie wohl auf andere Menschen oder Hunde reagieren? Vermutlich gar nicht, weil sie derart überrascht wären und nicht wüssten, was sie mit diesen Wesen anfangen sollten… Aber eben, diese Frage stellt sich hier draussen schlicht und einfach nicht.
Und so spielt es auch keine Rolle, dass die Huskies auf das Kommando – Sit! – (unsere Hunde reden natürlich Englisch) und meinen strengen Zeigefinger meist zuerst nur einen fragenden Blick übrig haben und am Finger schnüffeln, in der Hoffnung, es sei etwas Essbares.
Irgendwann bewegen sie ihren Hintern dann schon gegen den Boden, es dauert halt einfach viel länger als bei den Drillhunden an der Ergolz. Aber eben, hier draussen stört das auch niemanden.

Ja, es ist viel entspannter so spazieren zu gehen. Für Herrchen und Hundchen.
Was so ein bisschen mehr Platz doch ausmachen kann!

^esther